Ein Tram voller Teenager. Wie meist, schön gruppiert nach Männlein und Weiblein. Die Worte fliegen hin und her, sowohl verbal wie offenbar auch gleichzeitig via die ständig betippten Smartphones. Der Unterhaltungswert ist den adoleszenten Interessengebieten angemessen, ausserdem fehlt die elektronische Metaebene. Offenbar hatten die jungen......
Leuchtfeuer
Auge und Ohr sind sich einig: berauschend! Ich stehe am Cape Otway vor mir die Bass-Strasse, die Meerenge zwischen australischem Festland und Tasmanien. Auf der Great Ocean Road sind der Journalist und ich bis hierher gelangt, hatten mit Koalas und Papageien gefrühstückt, verbissene Fahrradfahrer motiviert und die raue Landschaft der südaustralischen Küste genossen.
Bereits 1859 wurde hier am Kap eine Telegraphenstation aufgebaut, welche dank modernster Technologie die sichere Passage von Handels- und Passagierschiffen nach Melbourne und Sydney meldete. Modern bedeutete damals zimmerfüllende Bleibatterien, deren einzelne Zellen via Kamelkarawane an den abgelegenen flecken Erde transportiert wurden. Die Kommunikation zwischen den Schiffen und der Station erfolgte via Flaggen.
Das Anlanden vor der steilen Klippe versuchten nur erfahrene Seeleute des Versorgungsschiffs, welches zweimal Jährlich vorbeikam und dann auch nur in kleinen Beibooten bei Ebbe, wenn die See einen schmalen Sandgürtel freigab.
Ein einsames und karges Leben war dies für den Ingenieur und seine Familie. Umso mehr erstaunt ein altes Klavier österreichischer Herkunft, welches im Wohnzimmer steht. Es stammt, wie ich lerne, von einem Personentransporter, welcher an der Küste Schiffbruch erlitt. Tatsächlich ein raues Stück Welt hier.
Seenot und Schiffbruch waren in der Bass-Strasse an der Tagesordnung, so dass mancher Kapitän die lange Route um Tasmanien herum bevorzugte.
Um so wichtiger war der bemannte Leuchtturm, nur wenige Gehminuten von der Telegraphenstation entfernt, der ab 1848 bis in die 90er Jahre seinen Dienst tat. Dann wurde er von einem vollautomatischen System abgelöst.
Doch als ich meinen Kopf in die Kuppel strecke und die letzten Stahltritte einer gewundenen Leiter bezwinge, werde ich freundlich begrüsst.
Eine ältere Frau macht hier oben noch immer Dienst, nicht für die vorbeiziehenden Schiffe, sondern für die Touristen. Schlohweisses Haar, ein vom Wind und Wetter gezeichnetes Gesicht, aktive Augen hinter einer grossen Brille und ausdrucksstarke Hände. Man könnte sie sich gut als Leuchtturmwärterin vorstellen, erst recht, wenn sie erzählt. Vom Turm, wo Stein ohne Mörtel präzis in Stein passt. Vom sich reibungslos drehenden Leuchtfeuer, welches in einer Quecksilberwanne schwimmt und ursprünglich mit zwölf Petrollampen betrieben wurde. Von den Menschen, den Frauen die versuchten Freundschaften zu pflegen trotz der Animositäten zwischen dem mehrfach besser entlohnten Ingenieurs des Telegrafen und dem einfachen Maschinisten des Leuchtturms. Und von den Schiffen, den unzähligen Schiffen die trotz Leuchtfeuer an der Küste strandeten, oft von unqualifizierten Matrosen gesteuert, die während des Goldfiebers in Europa anheuerten, um eine billige Passage nach Australien zu ergattern.
Eine Geschichte folgt der anderen und so stehen der Journalist und ich lange im engen Kuppelraum, dürfen in die Linse gucken, uns an den alten Schreibtisch setzten wo links und rechts emailliert das Flaggenalphabet und der Morsecode angebracht sind und sehen schliesslich sogar den Drehmechanismus in Betrieb, welchen die Erzählerin kurzerhand anstellt, um zu zeigen, dass der Turm wirklich noch voll in Betrieb ist.
Schade, meint sie zum Abschluss nur, dass wir das Feuer nicht wenigstens einmal pro Jahr in Betrieb nehmen können, das wäre doch ein Ereignis, welches viele passionierte Seeleute anziehen würde. Bestimmt, denke ich, doch fehlt wohl den Verantwortlichen in den Büros dazu die Weitsicht.
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