Ein Tram voller Teenager. Wie meist, schön gruppiert nach Männlein und Weiblein. Die Worte fliegen hin und her, sowohl verbal wie offenbar auch gleichzeitig via die ständig betippten Smartphones. Der Unterhaltungswert ist den adoleszenten Interessengebieten angemessen, ausserdem fehlt die elektronische Metaebene. Offenbar hatten die jungen......
Wo laufen sie denn?
Als wir frühmorgens zum Flach- und Hürdenrennen in Oakbank ankommen, sind wir noch Stunden vor dem ersten Start entfernt. Aber uns wurde geraten, früh da zu sein, artet das Pferderennen in den Hügeln um Adelaide doch oft zum grössten Picknick der südlichen Hemisphäre mit tausenden von Zuschauern aus.
Gut schweizerisch sind wir deshalb um 7 Uhr da, und zählen damit zu den ersten, die ihre Fahrzeuge im inneren der Rennbahn direkt an den Track stellen. Den Tipp hatten wir von Dave und Allie (oder austr. Daveo und Allieo) bekommen. Dave hatte mich im Namen seiner Tochter gefragt, ob sie und ihre Freundin auf das Rooftop unseres WoMo klettern dürfen und uns zum Dank zu Portwein und Käse vor ihren Wohnwagen eingeladen.
Sie standen nämlich immer noch mit Meersicht in der ersten Reihe, während der Journalist und ich uns wegen den Osterbuchungen mit der Zweiten begnügen mussten. Allzu traurig waren wir darüber nicht, vergrösserte dies doch den Abstand zu unserem redseligen ersten Nachbar Greeny, den wir nach unzweideutigen Aussagen nur noch den „Lieblingsnazi“ nannten.
Daveo und Allieo waren britische Auswanderer, die nach einem Urlaub Hab und Gut so wie die drei Kinder einpackten und nach Adelaide zogen – nachdem die Familie einstimmig für die Sonne und gegen den britischen Nieselregen gestimmt hatte. Er machte sich schnell als zuverlässiger Handwerker einen guten Name und sie fand als Pflegefachfrau umgehend eine Stelle. Sie klärten uns mit britischem Humor über die Eigenheiten ihrer neuen Wahlheimat auf und der Abend wurde sehr amüsant. Der Journalist verabschiedete sich etwas früher ins Bett, aber bei mir wich der Port dem Gin und dann dem Bier. Offensichtlich gehört zu einem guten britischen Abend ein schwerer Kopf am nächsten Morgen zwingend dazu. Nicht zwingend ist hingegen eine Kinderschar die frühmorgends lachend, rufend und quietschend auf der Jagd nach Schokoladeeiern über den Platz tobt. Gut geplanter dieser Kater, Herr Bausch.
Aber das war nun einen Tage her und so steuere ich wieder fit den Camper über die Rennbahn und freue mich auf den ersten Kaffee. Dieser kocht der Journalist mit unserer neuen Bialetti während ich Tisch, Campingstühle und Grill aufbaue. Der Grill, in Australien liebevoll Barbie genannt, ist offenbar zwingend. Denn auch links und rechts werden Brenner mit Platten in Betrieb genommen, die jeder Gastroküche das Wasser reichen könnten.
Darauf brutzelt in Kürze alles was ein echtes australisches Breakie ausmacht (vornehmlich Fleisch in allen Formen) und die Köche und Bekochten stossen mit Bier und Sekt auf den Renntag an. Es ist Viertelnachsieben.
Bis zum Mittag füllen sich die Sektoren um den Track, die Zuschauer füllen sich auch. Ich mache es mir auf dem Rooftop gemütlich und beobachte das Treiben. Die Garderobe ist, nun sagen wir, „gewagt“. Bei den Herren dominiert eine Form von Jackett jeglicher Farbe und Schnitt mit augenschmerzend kontrastreicher Fliege. Bei den Damen sind es oft übergrosse Hüte und Kleider die im Gegensatz dazu entweder zu kurz oder zu enge und leider meist beides sind.
Wer am frühen Nachmittag noch korrekt aufrecht gehen kann, macht sich umgehend auf zum Wettbüro. Alle anderen picknicken. Das heisst sie sitzen auf Wolldecken, also eigentlich auf Loungechairs, die auf Wolldecken stehen, unter einem Schattenzelt, den Gasgrill links, die Kühlbox rechts. Alles kommt aus den grossen Geländewagen die hinter ihnen stehen, motorisierte Pferdestärken ohne Ende.
Am sportlichsten sind die Kinder. Die haben den einzig erwachsenenfreien Raum für sich annektiert, den Track selbst. Da werden dann Rugby-Pässe geübt, Cricket gespielt oder auch mal wie ein Pferd die Balustrade entlanggehüpft.
Irgendwann werden sie davon vertrieben und das Spektakel beginnt. Zu kleine Reiter sitzen auf zu grossen Pferden und lassen diese über unterschiedliche Distanzen galoppieren. Die Menge der mehrheitlich wettenden Zuschauer, wartet gebannt auf die Resultate. Gross ist die Freude der Gewinner, was jeweils, mit einem Bier gefeiert wird, lang die Gesichter der Verlierer, worüber ein Bier getrunken werden muss.
Und dann gilt es ernst, der grosse Preis steht an. Ich schnappe mir meine Kamera und stell mich bei einer Hürde an den Track. Sofort eilt ein Ordnungshüter auf mich zu. Ob ich denn filme, will er wissen. Iwo, ich mach nur Fotos, entgegne ich und zeige ihm das Gerät. Er ist beruhigt und ich würde ja nie wagen, den Fotoapperat als Filmkamera zu nutzen.
Und als die Pferde dann herbeijagen, die Hufe mit Knall gegen die Hindernisse schlagen, ein Pferd niedergeht und ohne Jockey weiterrennt, während die Menge johlt, habe ich plötzlich genug.
Und so verlassen wir noch vor dem letzten Rennen die Bahn.
Vor dem Stadion empfangen uns Demonstranten und die Polizei. Letztere macht nur wenige Kilometer weiter eine Alkoholkontrolle. Die zwei Touristen mit dem WoMo winken sie durch.
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